Mit einer Vertragsunterzeichnung haben vier kommunale Gesellschafter ihre Absicht beurkundet, in Merkenich eine Klärschlammverbrennungsanlage zu errichten. Die „Klar GmbH“, die am Dienstag im Klärwerk Stammheim per Unterschrift gegründet wurde, besteht aus den Stadtentwässerungsbetrieben (Steb), den Kölner Stadtwerken, der Stadt Bonn sowie einem Zusammenschluss aus zwölf kleineren Städten und Gemeinden im Umland Kölns. Das neue Unternehmen soll die Anlage planen und bauen. Entstehen soll die Verbrennungsanlage ab Ende 2025 nördlich der Ford-Werke auf dem Kraftwerksgelände der Rhein-Energie, die die Anlage im Auftrag der Klar GmbH betreiben wird. In Betrieb gehen soll sie spätestens 2029.
In der Anlage sollen jährlich 36 500 Tonnen Klärschlamm in trockener Form verbrannt werden, dabei soll Fernwärme für 1700 Haushalte entstehen. Wegen seiner natürlichen Rohstoffe sei die Verbrennung von Klärschlamm klimaneutral, so die Projektpartner. Etwa die Hälfte des Schlamms wird aus Köln stammen und über eine Druckleitung unterhalb des Rheins von Stammheim nach Merkenich geleitet. Ein Fünftel der Gesamtmenge will die Stadt Bonn per umweltfreundlich betriebenem Schiff nach Köln schicken, rund 30 Prozent des Klärschlamms wiederum soll per Lkw aus Nachbarkommunen antransportiert werden.
Im Kölner Norden gibt es Widerstand. Helga Wagner, Vorsitzende des Bürgervereins Lindweiler, befürchtet etwa weitaus mehr Lkw-Verkehr, sollten die Transporte aus Bonn bei niedrigem Rheinpegel nicht per Schiff kommen können: „Unheimlich viele Themen im Kölner Norden werden nicht berücksichtigt.“ Auch der Bürgerverein Merkenich stemmt sich gegen das Vorhaben.
Für Steb-Vorständin Ulrike Franzke ist die Klar GmbH (Klar steht für „Klärschlammverwertung am Rhein“) hingegen ein „Gewinn für alle Beteiligten“: „Der Zusammenschluss ermöglicht, dass die Menschen in vielen Städten und Gemeinden im Rheinland künftig von einer sicheren, bezahlbaren und nachhaltigen Entsorgung ihrer Klärschlämme profitieren.“ Schlamm von zwei Millionen Menschen werde künftig verwertet. Dank des Transports durch die Leitung werde es sogar weniger Verkehr geben als bisher. Stadtwerke-Geschäftsführer Dieter Steinkamp betonte die Kompetenz der Partner und die Synergieeffekte, die sich ergäben. An keinem anderen Standort lasse sich ein größerer Gesamtnutzen erreichen.
Derzeit wird der Kölner Klärschlamm mit Lkw in die Kohlekraftwerke Hürth und Frechen gefahren, wo er mitverbrannt wird. Da Deutschland in den nächsten Jahren aus dem Energieträger Kohle aussteige, falle diese Möglichkeit jedoch weg, so die Projektbeteiligten. Bonn verbrennt zwar seinen Schlamm in einer eigenen Anlage, die ist allerdings mehr als 40 Jahre alt und marode. Viele Umlandkommunen wiederum nutzen ihren Klärschlamm derzeit als Düngemittel in der Landwirtschaft, was ab 2029 aber nicht mehr erlaubt ist. Nicht zuletzt muss künftig der wertvolle Rohstoff Phosphor aus dem Schlamm recycelt werden. Den regionalen Verbund treiben also mehrere Gründe zum Bau der neuen „Monoverbrennungsanlage“ an, zu deren Kosten am Dienstag nichts gesagt wurde. Da hier – anders als in Hürth und Frechen – ausschließlich Klärschlamm verbrannt werde, erfülle sie die Voraussetzung zur Wiedergewinnung von Phosphor, so Klar-Sprecher Tilo Dumuscheit. Ob die Recycling-Anlage ebenfalls in Merkenich entstehe, stehe noch nicht fest. Denkbar sei hierfür auch die Deponie „Vereinigte Ville“ in Erftstadt.
Umweltschäden befürchtet
Im Kölner Norden werden neben höheren Verkehrsmengen auch Geruchsbelästigungen und Umweltschäden befürchtet: „Jede Art von Verbrennung ist für die Umwelt nicht die beste Lösung“, so Helga Wagner. Es müssten Alternativ-Verfahren gefunden werden. Zudem entstehe die Anlage zu nah an der bestehenden Wohnbebauung. Schon jetzt gebe es zu viele Industriebetriebe in Merkenich: „Die Belastungsgrenze des Kölner Nordens ist wirklich erreicht.“ Es werde weitere Proteste geben. Eine Informationsveranstaltung der Klar GmbH zur geplanten Anlage soll am 24. August, 14 bis 20 Uhr, im Bürgerzentrum Chorweiler stattfinden.