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Helga Wagner: “Was in Bayern geht, das bekommen wir in Köln auch hin!”

Klage gegen geplante Klärschlammverbrennung erfolgreich

 

In Straubing hat ein Kläger gegen die geplante Klärschlammverbrennungsanlage vor Gericht Recht bekommen. Damit wird der Bau dieser Anlage im Osten der Stadt immer unwahrscheinlicher, obwohl in einem Bürgerentscheid dafür gestimmt worden war.

 

Die Klage eines Anwohners gegen den Bau einer Klärschlammverbrennungsanlage im niederbayerischen Straubing war erfolgreich. Einen entsprechenden Beschluss hat das Verwaltungsgericht Regensburg getroffen. Demnach ist die sogenannte immissionsschutzrechtliche Genehmigung aufzuheben. Das Verwaltungsgericht folgt den Argumenten des Klägers, wonach er durch den erhöhten Verkehrslärm beim Betrieb der Anlage erheblich belastet würde.

Bau in Straubing wird durch Gerichtsurteil unwahrscheinlicher

Der Bau der sogenannten Monoverbrennungsanlage in Straubing dürfte nach der Gerichtsentscheidung immer unwahrscheinlicher werden. Seitens des Zweckverbands Thermische Klärschlammverwertung Schwandorf (ZTKS), der bei der Finanzierung des Straubinger Projekts den Löwenanteil tragen sollte, heißt es, der Gerichtsbescheid sei schmerzlich, verzögere das Projekt weiter und es müssten Alternativen geprüft werden.

Anwohner einer schmalen Siedlungsstraße hatte geklagt

Weil die Zufahrt zur Kläranlage und der neu geplanten Monoverbrennungsanlage in Straubing durch eine schmale Siedlungsstraße führt, hatte der Anwohner geklagt. Er fürchtet, durch zusätzliche Lastwagenfahrten weiter belastet zu werden, zumal direkt vor seinem Grundstück die Straße so eng ist, dass zwei Lkw nicht aneinander vorbeifahren können. Zwar wurden im Genehmigungsverfahren Lärm- und Verkehrsgutachten gemacht, diese seien aber nach Ansicht des Verwaltungsgerichts in Methodik und Schlussfolgerung mangelhaft.

Straubing sollte auch Klärschlamm aus Regensburg entsorgen

Der Geschäftsführer des ZTKS, Thomas Knoll, sagte dem BR auf Anfrage, er fürchte, dass dem Projekt die Zeit davonlaufe. Der ZTKS sollte gemäß einer Vereinbarung bis zu 90 Prozent der Investitionskosten für die Monoverbrennungsanlage in Straubing tragen. Dafür hätte dann der Schwandorfer Zweckverband dort den anfallenden Klärschlamm unter anderem aus Regensburg, Landshut oder Roding entsorgen können.

Der ZTKS dringt weiter auf Klarheit bis zum ersten Quartal kommenden Jahres. Sollten die Planungen bis dahin nicht rechtssicher sein, dürfte der ZTKS wohl aus dem Projekt aussteigen. Schon jetzt geht Geschäftsführer Knoll davon aus, dass die zunächst kalkulierten Gesamtkosten von rund 80 Millionen Euro nicht mehr reichen. Durch die Verzögerungen dürfte die Investitionssumme wohl die 100 Millionen Euro-Grenze überschreiten. Die Wirtschaftlichkeit müsse dann neu berechnet werden, so Knoll, denn auch die Kreditzinsen seien ja gestiegen.

Bürgerentscheid stimmte für den Bau

Der Streit um die Monoverbrennungsanlage bei der Kläranlage im Osten der Stadt Straubing dauert bereits Jahre. Obwohl bei einem Bürgerentscheid im Jahr 2019 die Mehrheit für deren Bau gestimmt hatte, ist das Projekt weiterhin im Planungsstadium. Vor fast genau einem Jahr hatte nach einer Klage das Verwaltungsgericht bereits den Bebauungsplan für unwirksam erklärt. Und nach der erfolgreichen Klage eines Anwohners ist zusätzlich eine Entscheidung über die Klage des Bund Naturschutz gegen die Straubinger Monoverbrennung offen.

Ab 2029 Verpflichtung, Phosphor aus Klärschlamm zu gewinnen

Hintergrund für die Planungen einer sogenannten Monoverbrennungsanlage in Straubing ist die gesetzliche Auflage, wonach ab dem Jahr 2029 große Kommunen dazu verpflichtet sind, Phosphor aus dem Klärschlamm zurückzugewinnen.

Das sei nach Ansicht von Experten am besten möglich, wenn zunächst der getrocknete Klärschlamm verbrannt werde. Eine energetische Verwertung des Klärschlamms spielte bisher eine untergeordnete Rolle. Jetzt aber seien Wärme- und Stromgewinnung aus Klärschlamm ein großes Thema, so Thomas Knoll vom ZTKS. Es könnten sich auch kleinere, dezentrale Trocknungsanlagen rentieren, wenn danach der getrocknete Klärschlamm verfeuert und zur Strom- und Wärmegewinnung verwendet werde. Der Brennwert entspreche dem von Braunkohle, allerdings sei Klärschlamm CO2-neutral, weil er aus organischem Material bestehe.

Straubings OB: Bescheid eine Komplikation von vielen

Straubings Oberbürgermeister Markus Pannermayr (CSU) sagte im BR-Interview, für die Zukunft des Projekts sei dieser Gerichtsbescheid eine weitere Komplikation von vielen. Die erste sei der Ausstieg von Bayernwerk gewesen, so der OB. Dies habe viel Zeit gekostet. Nächstes Problem war, dass der Bebauungsplan erfolgreich beklagt wurde. Derzeit sei man dabei, diesen zu aktualisieren. Und jetzt komme diese immissionsschutzrechtliche Thematik noch hinzu, was die Hürden insgesamt erhöhe – auch was Zeit und Kosten angehe.

Phosphor und Kohlenstoff: Klärschlamm ist wertvolle Ressource

Klärschlamm sei eine wertvolle Ressource, hier habe sich auch die Wahrnehmung geändert, so Pannermayr. Klärschlamm biete als Energieträger die Möglichkeit, Phosphor zurückzugewinnen und sei eine Kohlenstoffquelle. Das sei sowohl Verpflichtung als auch Chance.

Ob das Projekt in seiner jetzigen Planung eine Zukunft habe, bezweifelt der OB. Da dürfe man nicht stur bleiben, sondern müsse neu bewerten. Die Stadt werde sich auf jeden Fall weiterhin Gedanken machen, wie sie ihren Klärschlamm auch in Zukunft energetisch nutzen könne, also wie man wertvolle Energie daraus gewinnen könne. Straubing verwerte seinen Klärschlamm schon seit längerer Zeit, die Stadt gehöre zu denen, die früh aufgehört hätten, Klärschlamm auf den Feldern auszubringen, auch zu Zeiten, als das noch möglich gewesen wäre. Der Klärschlamm der Stadt Straubing werde derzeit auch thermisch verwertet, aber nicht von der Stadt selber, sondern von einer GmbH, die man für diese Aufgabe gegründet habe.

Die Stadt habe sich die inhaltliche Begründung des Gerichtsbescheids im Detail angesehen. Jetzt sei die Frage, wie der Freistaat Bayern das weiter beurteile. Dieser habe die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen, die Stadt Straubing sei am Verfahren nicht unmittelbar beteiligt.