white printer paper on brown wooden table

Am Dienstagnachmittag versammelten sich Kölner Bürgerinnen und Bürger am Werkstor des Heizkraftwerks-Merkenich, um gegen das Vorhaben zum Bau der Klärschlämmverbrennungsanlage zu demonstrieren. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kundgebung forderten von der Kölner Politik und den Planungsverantwortlichen das Vorhaben zu stoppen und endlich umweltverträgliche und energieeffizientere Alternativen zu diskutieren. Gemeinsames Ziel muss es sein, Umweltauswirkungen zu verringern, die Energiebilanz offenzulegen und den Kölner Norden langfristig zu entlasten.

Anlass der Kundgebung war eine Einladung durch den Pressesprecher der Firma Rheinenergie, den geplanten Standort einmal genauer in Augenschein zu nehmen. Allerdings durften lediglich zehn Personen teilnehmen. Diese Einschränkung veranlasste die Initiative Köln-Nord und den Bürgerverein Merkenich zur Kundgebung aufzurufen, da als zentrale Punkte weiterhin Transparenz in der Standortwahl und angemessene Bürgerbeteiligung gefordert wird. Auf dem Kraftwerksgelände erhielt die reduzierte Teilnehmerzahl die Möglichkeit Fragen zu stellen, welche fachkundig durch Christoph Preuß, Jochen Röhler (Standortleiter Heizkraftwerk) und Heinz Brandenburg (KLAR) beantwortet wurden. Die Initiative Köln-Nord wurde durch Dr. Horst Meyrahn (Experte für Klärschlammverwertung) und Jürgen Borkowski (Greenpeace) unterstützt.

Während des Rundgangs wurde durch Jochen Röhler schwerpunktmäßig das Problem mit der LKW- Zufahrt thematisiert, da hierfür bereits ein Prüfauftrag vorliege. Ein Ratsbeschluss sieht die Zufahrt bisher über eine Straße (Am Ölhafen) vor, jedoch führe diese Route über Privatgelände. Auch die Zufuhr über den Ivenshofweg ist zu untersagen, da sich hier Sportanlagen befinden und Transporte somit Personen gefährden könnten. Letztlich gestalte sich die Zufuhr durchaus schwierig und können daher nur über eine Einfahrt am Supplier-Park erfolgen, welche jedoch bauliche Veränderungen erfahren müsste. Dies wäre notwendig, da der Rheinradweg, die U-Bahn (Linie 12) und die Kreuzung zur Emdener Straße unmittelbar betroffen wären. Die Initiative sieht bei dieser unübersichtlichen Zufahrt Unfälle mit Radfahrern und der U-Bahn vorprogrammiert.

Auch wurde der vorgesehene Aufbau der Anlage thematisiert. So soll die Klärschlammanlieferung von Süden her erfolgen, somit auf der vom Wohnort Merkenich abgewandten Seite. Hier soll auch der Bunker zur Lagerung entstehen. Als anschließende Komponenten in Richtung Norden wären die Trocknung und Feuerung vorgesehen, wobei die Anlage ortszugewandt mit der Abgasreinigung abschließen soll. Ein Aschesilo (ca. 450 m3) ist bereits heute vorhanden und könnte weiter genutzt werden.

Bezüglich der ab 2029 vorgeschrieben Phosphorrückgewinnung gab Christoph Preuß an, dass der Standort Merkenich sich nicht für eine Rückgewinnungsanlage eigne. Die Asche werde mit Sicherheit abtransportiert, da die Verarbeitung vor Ort letztlich unrentabel ist.

Die Bürgerinitiative sieht hier jedoch eine deutliche Schwachstelle im Entsorgungskonzept, weil durch den Zwischenschritt der Monoverbrennung das Verkehrsaufkommen weiter erhöht wird. In alternativen Verfahren könnte Phosphor auch direkt in den Klärwerken zurückgewonnen werden, Klärschlämme müssten also nicht von Stammheim, Bonn und weiteren Kommunen aus dem Umland nach Merkenich transportiert werden.

Zur Sprache kam auch der angedachte Dükerausbau (Druckleitung). Geplant ist, den alten Abwasserdüker (Niehl) unter dem Rhein für den Klärschlammtransport zu ertüchtigen. In Richtung Merkenich soll eine alte Trinkwasserleitung genutzt werden, in die Rohre zur Beförderung der Schlämme eingebettet werden sollen. Im Bereich der Niehler Rheinpromenade (Niehler Damm) existiert jedoch keine Verbindung, somit müssten große Teile der Promenade aufgebaggert werden. Folglich sind in diesem Bereich weitere Großbaustellen und sogar Baumrodungen zu erwarten.

Auch in Bonn müsste der Klärschlamm zentral gesammelt werden, was ebenfalls einen deutlichen logistischen Aufwand mit sich bringen würde. Der Transport per Schiff von Bonn nach Köln muss laut eines Bonner Ratsbeschlusses emissionsfrei erfolgen, hierfür müsste ein neuer Schiffstyp konzipiert werden, der neben einer neuartigen Antriebstechnik auch für den Einsatz in Niedrigwasserphasen des Rheins geeignet wäre. Die Bürgerinitiative Köln-Nord befürwortet daher deutlich eine dezentrale Verarbeitung der Klärschlämme (jedes Klärwerk verarbeitet selbst), um diese Investitionen und die Großbaustellen zu vermeiden. Sonst würden diese Kosten beim Kölner Gebührenzahler landen.

Heinz Brandenburg äußerte sich vorrangig zum allgemeinen Planungsstand der Anlage. Derzeit sei man auf der Suche nach einem Ingenieurbüro, welches die Planungen zur Verwertung der Klärschlämme konkretisieren soll. Auch alternative Technologien zur Monoverbrennung sollen Platz in den Konzeptionen finden, umfänglich geprüft und die Ergebnisse letztendlich veröffentlicht werden. Zudem wird eine weitere Informationsveranstaltung im Frühjahr 2023 in Merkenich anvisiert, insofern es neue Entwicklungen bei den Planungen geben sollte. Derzeit gäbe es aber noch keine Details, so Brandenburg.

Weiterhin gab es vonseiten der Planungsverantwortlichen keine Angaben zur gesamten Energiebilanz der Anlage. In Bezug auf die anhaltende Energieknappheit hat diese Frage jedoch für die Initiative eine durchaus große Relevanz und sollte vor einem Genehmigungsverfahren bereits geklärt werden. Thematisiert wurden auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung und weiterhin die Auswirkungen der geplanten Anlage auf den für ganz Köln ausgerufenen Klimanotstand. Die Initiative ist sich einig, mit mehr LKW-Transporten und einer neuen Verbrennungsanlage im Umkreis von bereits weiteren Großemittenten im Kölner Norden sind diese Ziele nicht zu schaffen.

Die Initiative begrüßt den Informationsaustausch; hätte sich das aber für eine größere Vielzahl interessierter gewünscht – so mussten 50 Bürgerinnen und Bürger vor dem Tor stehen bleiben.

Offengeblieben ist in der Gesprächsrunde, ob es nicht doch geeignetere Verfahren gibt, die das Ziel der Phosphorwiedergewinnung mit geringeren Umweltbelastungen und insbesondere ohne zusätzlichen Lkw-Verkehr in den Kölner Norden möglich machen würden.